Gelebte Inklusion im Reitverein Würtingen

04. Juli 2014

 

Gelebte Inklusion im Reitverein Würtingen

Auf dem Pferd hat jeder 4 Beine: Unter diesem Motto kooperiert der Reit- und Fahrverein Würtingen seit dem Jahr 2005 mit der Körperbehindertenschule „Dreifürstensteinschule“ in Münsingen (KBS). Bereits zum fünften Mal feierten die Schüler in diesem Jahr ihr großes Schulfest in den Stallungen des Reitvereins. Seit vielen Jahren betreiben Reitverein und Schule das Kooperationsprojekt »Therapeutisches Reiten« für die körperbehinderten Münsinger Schüler. 2009 wurde das Projekt von Bundeskanzlerin Merkel ausgezeichnet.

 

Handeln statt reden

Während anderenorts gerade einmal damit begonnen wird, über Inklusion zu reden, praktiziert der Reit- und Fahrverein Würtingen e.V. auf der Schwäbischen Alb dieses Thema bereits seit vielen Jahren. Jede Woche kommen Schüler der KBS Münsingen in den Reitverein, um dort auf dem Rücken des Schulpferdes Penny ein für sie völlig neues Lebensgefühl zu erfahren. Im Rahmen dieses Kooperationsprojektes, das von der Sonderschullehrerin Tina Kaiser ins Leben gerufen wurde, lernen die Schüler den Umgang mit Pferden kennen. Neben Vorstufen zum Reiten und Voltigieren erfahren die Schüler so auch den artgerechten Umgang mit dem Lebewesen Pferd durch Streicheln, Putzen, Satteln, Führen etc. Außerdem dürfen die Kinder bei der täglichen Arbeit im Reitstall mithelfen. Freies Spielen, Toben und Experimentieren im Heu und Stroh sind ebenfalls wichtige Bestandteile des nicht alltäglichen Unterrichts.

Dabei sind die positiven Impulse, die die teilweise schwerstbehinderten Kinder und Jugendlichen im Reitstall erfahren, nicht nur an den strahlenden, lachenden und motivierten Gesichtern zu erkennen: Die dreidimensionale Schwingung des Pferderückens wirkt fördernd auf Gleichgewichtsreaktionen, auf die Koordination und auf die Körperwahrnehmung. Der Schritt des Pferdes entspannt und wirkt spastiklösend. Für viele Kinder mit behinderungsbedingter Bewegungsarmut bieten sich ganz neue Bewegungsmöglichkeiten und Bewegungserfahrungen auf dem Pferderücken, das Pferd vermittelt das Gefühl des Getragenwerdens.

 

Vorurteilsfreie Begegnungen

Ertasten von Stroh, Heu, Hafer und Pferdebürsten an der Fühlstation, Dosenwerfen, Tauziehen in gemischten Teams und Hindernisstrecke: die Schüler hatten in der Reithalle ihren Spaß an diesem anspruchsvollen Parcours. Kinder mit Behinderung bekamen so die Möglichkeit, gemeinsam mit nicht behinderten Kindern und Jugendlichen sportlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv zu sein. Im Heukino zeigte der Gastgeber eine Bilderschau der Schule. Eine deftige Heuschlacht, bei der alle auf ihre Kosten kamen, rundete diesen tollen Tag ab. Eventuelle Vorurteile oder Berührungsängste waren von Anfang an wie Weggeblasen und durch das tolle Zusammenspiel der verschiedenen Aktivitäten und Angebote war dieser Tag eine absolut integrative Veranstaltung.

 

Viele Helfer und Partner

Die Jugendlichen des Reitvereins hatten an diesem Tag schulfrei und halfen von morgens an, alles herzurichten und vorzubereiten. Die verschiedenen Stationen wurden ebenfalls von den Vereinsjugendlichen betreut.

Durch die Zusammenarbeit mit der örtlichen Grund- und Hauptschule wurde sogar noch eine weitere Schule mit eingebunden. Die Sechstklässler der GWRS Würtingen hatten morgens verschiedene leckere Salate zubereitet und ein super Salatbuffet hergerichtet, so dass alle gemeinsam Mittagessen konnten. Dieses Schulfest ist mittlerweile ein fester Bestandteil des Schulalltags, sowie auch des Veranstaltungsangebots des Vereins.